Die Ming-Gräber – Zeugen einer vergangenen Dynastie

Die Ming-Gräber – Zeugen einer vergangenen Dynastie

Die Anfahrt gestaltet sich als problemlos und zügig: vom Beijinger Stadtzentrum aus geht es die Badaling-Schnellstraße in Richtung Nordwest, auf Halber Strecke zur Großen Mauer bei Badaling biegt man keine 40 Kilometer später rechts ab in ein kleines Tal umgeben vom Yanshan-Gebirgszug. Vorbei an Obst- und Gemüseplantagen erreicht man schließlich die Ming-Gräber – auf Chinesisch, die „Dreizehn Gräber der Ming-Dynastie”. 13, weil dort am Fuße des Tianshou-Berges eben 13 der insgesamt 16 Kaiser der Ming-Dynastie ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Die Ming-Dynastie dauerte von 1368 bis 1644, und Kaiser Yongle gab 1409 den Auftrag, in der bis heute friedlich und harmonisch anmutenden Gegend die Grabanlagen zu bauen. Die Gräber liegen dabei durchaus verstreut, sie unterscheiden sich auch in Größe und Ausstattung, je nachdem, wer dort zu Grabe getragen wurde, Kaiser, Gemahlin, Konkubine oder Eunuch.

Am beeindruckendsten ist sicher das Changling-Mausoleum, wo Kaiser Yongle selbst begraben wurde. Er war der bedeutendste Herrscher der Ming-Dynastie und regierte von 1402 bis 1424. Kaiser Yongle gilt als Gründer der Stadt Beijing und gab den Auftrag zum Bau der Verbotenen Stadt. Er zentralisierte die Verwaltung seines Reiches, gab den Befehl zum Bau großer Flotten, mit denen der berühmte Seefahrer Zheng He große Teile der Weltmeere befuhr und ließ eine nach ihm benannte Enzyklopädie erstellen, eines der berühmtesten und umfassendsten Sammelwerke des chinesischen Altertums. Ebenso imposant wie seine Leistungen als Kaiser fällt auch seine Grabstätte aus: sie erinnert in Form und Gestaltung an die Verbotene Stadt, ein würdiges Grabmal also für einen großen Kaiser.
 
Die am häufigsten besuchte Ruhestätte ist heute allerdings Ding Ling, das Grab von Kaisers Wanli. Er herrschte von 1563 bis 1620 und wurde in einer unterirdischen, palastähnlichen Anlage begraben, zusammen mit seinen zwei Ehefrauen. Diese tief in den Untergrund gegrabene Kammer besteht aus fünf Hallen und ist eine der drei Ruhestätten, die gegenwärtig zugänglich sind. Eine Reiseleiterin erklärt dann auch ein paar Besonderheiten der Anlage und nennt einige Schwierigkeiten, auf die die Archäologen bei der Ausgrabung gestoßen sind:
 
„Das ist das erste Tor des Grabes, es wird ‘Jingangqiang’ genannt. Wenn man so ein Tor entdeckt, dann findet man autumatisch auch ein Grab. Es hat den Archäologen ein Jahr gekostet, das Tor zu finden. In der Grabanlage selbst gibt es insgesamt sieben Tore. Als man alle Tore des Grabs geöffnet hatte, konnte der unterirdische Palast endlich erfolgreich ausgegraben werden. Im Altertum stand vor jedem Grab solch ein Tor, hinter dem dann ein Tunnel zum unterirdischen Palast führte.”
 
Die unmittelbare Nähe zur Hauptstadt machen die Ming-Gräber zu einem beliebten Ziel für Tagesausflüge. Eine kleine Reisegruppe aus Deutschland etwa hat einen Ausflug zur Großen Mauer bei Badaling mit einem Zwischenstop in dem ruhigen Tal verbunden, und Jörg, einer der Reiseteilnehmer, zeigt sich auch sichtlich beeindruckt:
 

„Der Eindruck ist, dass das schon faszinierend ist, die Geschichte von diesen ganzen Kaisern. Was interessant ist, ist dieses Grabmal, in dem wir jetzt gerade waren, das tief in den Boden gebaut ist. Und man sieht schon die Kultur, die hier dahintersteckt in diesen ganzen Dynastien. Also das hat mich schon sehr bewegt.”

Gefragt, ob ein Besuch der Ming-Gräber vergleichbar ist mit ähnlichen Reiseerlebnissen etwa in Europa, sagt er:

„Also ich denke, das ist etwas speziell Chinesisches hier. Ich hab` jetzt leider nur dieses erste Grabmal gesehen, also die anderen Gräber haben wir gar nicht gesehen, die außerhalb liegen in den Bergen, weil das einfach zu weit weg ist und jetzt nicht in unserem Umfang ist, in unserem Reiseumfang… Aber ich denke, dass das schon eine einmalige Sache ist, wie die das hier gemacht haben.”

Auch Christian aus New York zeigt sich beeindruckt, glaubt aber, dass die letzte Ruhestätte von Kaiser Yongle, das Changling-Mausoleum also, das imposantere Bauwerk ist:

„Ja, tue ich, weil dort mehr Geschichte ist. Es gibt hier in Ding Ling weniger den Museumsaspekt, als das im anderen der Fall ist. Das mochte ich ein bisschen besser, es gibt einem ein etwas besseres Verständnis der Ming-Dynastie.”

In einem kleinen Museum werden also auch Grabbeigaben und Utensilien der Ming-Dynastie ausgestellt, eine Krone etwa oder der Umhang einer Kaiserin sowie Vasen, Schnitzereien und kleine Silberschiffchen, die damals als Zahlungsmittel dienten. Alles in allem bietet ein Besuch der Ming-Gräber also einen sehens- und erlebenswerten Einblick in die Ming-Dynastie und damit in einen kleinen Abschnitt der chinesischen Geschichte, wie auch Christian aus New York findet. Auf die Frage, ob er denn einen Ausflug zu den Grabstätten empfehlen könne, sagt er nur:

„Absolutely, absolutely!”

 

Zuerst erschienen auf german.cri.cn

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